An der Weber-Schule Eutin startete unter hohen (Hygiene-)Sicherheitsvorkehrungen für 110 Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 5 das neue Programm  WEBER  plus , das sich zum Ziel gesetzt hat, die natürliche Neugierde von Kindern zu wecken. Es ist Freitagvormittag, 5. Stunde, und während sich viele Gleichaltrige gedanklich schon im Wochenende befinden, haben sich im neuen Physiksaal des Weber-Gymnasiums kleine Forscherinnen und Forscher zusammengefunden, um Alltagsfragen der Naturwissenschaft zu ergründen. Heute geht es um Wasser, Wasserqualität und Eigenschaften des Wassers.

Im praktischen Experiment entdecken die kleinen Forscherinnen und Forscher mit einer plötzlich schwimmenden Büroklammer das Phänomen Oberflächenspannung. Die Begeisterung steht den Kindern im Gesicht.

In einem außergewöhnlichen Ansatz hat sich unter der Leitung von Orientierungsstufenleiter Stefan Wandelt die Idee durchgesetzt, für eine Doppelstunde pro Woche keine normale Schule zu machen. Verantwortlich für die Gestaltung von „Weber plus Forschen“ ist in diesem Schuljahr Chemie- und Philosophielehrer Sven Grzanna, der seit 2 Jahren an der Weber-Schule unterrichtet. Im Folgenden interviewen Schülerinnen und Schüler ihre Lehrer.

Schüler-Reporter: Wie sind Sie auf die Idee Weber plus gekommen?

Wandelt: Unsere Grundidee war, einen Raum zu schaffen, in dem sich die Potenziale der Schülerinnen und Schüler durch Begeisterung entfalten lassen, ein Programm, dass es uns ermöglicht, Neigungsgruppen zu bilden und Lernende ihren Interessen nach zu fördern. Triebkraft dieser Begeisterung soll hierbei echte Motivation und nicht Leistungsdruck sein.

Schüler-Reporter: Es gibt keine Zensuren?

Hr. Wandelt: Nein. Stattdessen echte Erfolgserlebnisse.

Schüler-Reporter: Was unterscheidet Weber plus Forschen von normalem Schulunterricht?

Hr. Grzanna: Forschendes Lernen im Angebot Weber plus bietet eine willkommene Ergänzung zum Unterricht und bringt frische Impulse in den Alltag der jungen Forscherinnen und Forscher. Im Vordergrund stehen dabei die folgenden Aspekte: eigene Fragen stellen, selbstständig nach Lösungswegen suchen und die Welt der Forschung unabhängig von den Schulfächern entdecken. Im Gegensatz zum naturwissenschaftlichen Fachunterricht wird bei Weber plus interdisziplinär gearbeitet, die „scheinbaren Grenzen“ zwischen Biologie, Chemie und Physik werden dabei aufgehoben.

Schüler-Reporter: Was machen Sie lieber, normalen Unterricht oder Weber plus Forschen?

Grzanna: Im normalen Unterricht lassen sich einzelne Aspekte vertiefen, dafür fehlt oft der Überblick über das große Ganze. Bei Weber plus Forschen stehen Phänomene und Zusammenhänge im Vordergrund und ermöglichen den neugierigen Forscherinnen und Forschern einen umfassenden Einblick in spannende Naturphänomene. Außerdem herrscht bei Weber plus kein Notendruck, was den Schülerinnen und Schülern viel Raum für Entfaltung lässt.

Schüler-Reporter: Worum geht es in den ersten Wochen bei Weber plus Forschen?

Grzanna: In den ersten Wochen bei Weber plus Forschen geht es um den Lebensraum Wasser mit all seinen Eigenheiten, Bewohnern und natürlich den physikalischen und chemischen Eigenschaften, die für viele Phänomene im Lebensraum Wasser verantwortlich sind. Die Schülerinnen und Schüler entwickeln eigene Fragestellungen, die sie untersuchen wollen. Experimente, wie die Untersuchung der Oberflächenspannung sowie die Untersuchung der unterschiedlichen Dichten von Süß- und Salzwasser, werden von den Schülerinnen und Schülern eigenständig durchgeführt. Dazu werden z. B. verschiedene Gewässerproben aus den umliegenden Seen unter dem Mikroskop untersucht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass einige der jungen Forscherinnen und Forscher spannende Dinge entdecken werden. In den nächsten Wochen folgen noch Erde, Luft und Feuer als zu untersuchende Elemente und Lebensräume. Die Schülerinnen und Schüler begeben sich somit auf die Spuren der alten Griechen.

Schüler-Reporter: Wieso haben Sie die vier Elemente der alten Griechen als Gliederung für Weber plus Forschen gewählt?

Grzanna: Inspiriert von meinem anderen Fach, der Philosophie, wählte ich als Gliederung die Lehre der vier Elemente. Nach der Vier-Elemente-Lehre besteht alles, was wir kennen, in bestimmten Mischungsverhältnissen aus den vier Grundelementen Erde, Wasser, Luft und Feuer. Beim Untersuchen dieser Grundelemente haben die alten Griechen erstaunliche Erkenntnisse über die Natur und Naturphänomene gewonnen. Die Schülerinnen und Schüler beginnen erst in der Orientierungsstufe mit der naturwissenschaftlichen Bildung. Um den einzelnen Fächern wie Biologie, Chemie und Physik nichts vorzugreifen, gestaltet sich Weber plus Forschen als eine Art Grundbasis. Deshalb der ungewöhnlich erscheinende Weg über die Vier-Element-Lehre der alten Griechen. 

Schüler-Reporter: Stimmt es überhaupt, dass Kinder neugierig sind?

Grzanna: Wieso sollten nur Kinder neugierig sein? Ich denke, wir alle sind neugierig, wenn der Anreiz stimmt. Die jungen Schülerinnen und Schüler müssen durch Impulse des Unterrichts eigenständig mehr über Phänomene erfahren wollen. Nur so wird ein Forschergeist in ihnen geweckt, der sie zu eigenständigen Forscherinnen und Forschern werden lässt. Und das gilt nicht nur für Kinder; in uns allen steckt ein wissbegieriger Forscher, doch um diesen zu wecken, benötigen wir den richtigen Anreiz. Weber plus Forschen soll genau dieser Anreiz sein. 

Schüler-Reporter: Interessieren Sie sich privat auch für Naturwissenschaft?

Grzanna: Sehr sogar. Ich bin stetig auf der Suche nach spannenden Alltagsphänomenen, die sich in den Unterricht integrieren lassen. Nicht selten kommt es vor, dass ich dabei Sachen entdecke, die mir vorher völlig unbekannt waren und den Forscher in mir wecken.

Schüler-Reporter: Was gibt es noch außer Weber plus Forschen?

Wandelt: Dieses Jahr haben wir außer Forschen noch Weber plus Medien und Weber plus Sport im Programm. Im nächsten Schuljahr soll es darüber hinaus Weber plus Kunst, Weber plus Musik und Weber plus Theater geben.

Fotos: Wan